Wie nur haben es die Polynesier vor über 800 Jahren geschafft, mit ihren Holzkanus (waka) über grosse Distanzen nach Neuseeland zu finden? Diese Frage bewegt selbst die grossen zeitgenössischen „Navigatoren“, die im Sommer 2018 mit bauähnlichen Bootenvon Auckland nach Wellington gefahren sind: Waka-Odyssee 2018. Und dabei knapp am grossen Zyklon Gita vorbei gekommen sind, der zunächst in Tonga und später im Zentrum Neuseelands grosse Schäden angerichtet hat.
Wir hatten das Glück, die Geschichten von vier Navigatoren
zu hören, die nichts aufregender und lebendiger finden, als heute mit einem
waka über den Pazifik zu fahren, und tagelang nichts anderes um sich herum zu
sehen, als Horizont. Ort der Veranstaltung war das Nationalmuseum Neuseelands.
Es hiess einmal Kolonialmuseum, dann Dominion Museum und heute Te Papa. In der Sprache der Maori, den Nachkommen der polynesischen Seefahrer, heisst dies ungefähr "Schatzkiste".
Richtige Erklärungen hatten die vier auch nicht. Obwohl
ihnen die Frage unter den Nägeln brennt. Einer brachte es auf den Punkt: Man
braucht drei Sachen: Das Boot (waka - die Mutter), den festen Glauben, dass da
was ist, wo man hin steuert, und die
Crew. Sie muss dem Navigator vertrauen und er muss auf sie setzen können. Sie
braucht eine extrem gute Gruppendynamik. „And if you misbehave, we’ll eat you to the bones.“ (heute wäre
das wohl: „dann lassen wir dich vom Hubschrauber abholen“).
Werte aus der Maori-Kultur spielen auch im neuseeländischen
Bildungssystem eine wichtige Rolle. Während westliche / westeuropäische
Bildungskulturen wesentlich durch christliche Traditionen und die Aufklärung
geprägt sind, kommt hier ein Strom weiterer Prinzipien und Wertvorstellungen dazu.
Damit erhalten Neuseelands Schulen, und zwar nicht nur diejenigen, die von
Maori geführt werden, eine eigene, einzigartige Prägung.
Die Wertgrundlage wird in vielen zentralen Dokumenten
ausgeführt. Hier ein Beispiel aus den Indikatoren für die Schulevaluation:
- Manaakitanga: Verbindet die beiden Konzepte mana (personale Autorität) und aki (ermutigen und anerkennen)
- Whanaungatana: der Prozess, in dem Verbindungen und Kontakte hergestellt werden, und sich in Beziehung zu den Menschen setzen, und zwar in kulturell angemessener Weise, in einem Rahmen der erweiterten Familienbeziehungen u.v.m.
- Mahi tahi: die Einheit einer Gruppe, von Menschen, die gemeinsam auf ein Ziel hinarbeiten. „Im Schulkontext meint dies, dass kollaborative Zusammenarbeiten bei der Verfolgung von Bildungszielen, bei denen die Lernenden im Mittelpunkt stehen“
Die Schulen Neuseelands: das waka. Die Leidenschaft
für das Lernen, das Vertrauen darauf,
anzukommen, kennzeichnet anerkennende, lösungsorientierte, kinder- und lernerzentrierte Haltungen in Schulen. Dass Zusammenarbeit in der Schule so gross geschrieben wird, ist vielleicht
auch Teil eines alten kulturellen Erbes, das auf wochenlangen Waka-Fahrten einmal
begründet wurde.
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